WAHLEN UND REFERENDA
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Seit ihrer Gründung war die Venedig-Kommission im Wahlbereich aktiv, insbesondere durch die Verabschiedung der Ansichten zu Entwürfen von Wahlgesetzen.
Die Kommission hat ebenfalls selbst an der Redaktion von Texten zu Gesetzen im Wahlbereich teilgenommen.
Albanien ist eines der typischen Beispiele in dem die Kommission am Redaktionsvorgang der Wahlgesetzgebung 1997, 2000 und 2003 im Rahmen des albanischen Wahlausschusses teilgenommen hat.
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Die Kommission wurde sogar im Jahre 1997 beauftragt, einen ersten Entwurf eines Wahlgesetzes für Bosnien-Herzegowina zu verfassen.
Die Kommission arbeitet außerdem eng mit dem Büro der Demokratischen Institutionen und der Menschenrechte (BIDDH) des OSZE zusammen, mit dem sie gemeinsame Gutachten verfasst hat (zuletzt für den Wahlkodex von Aserbaidschan).
Unter den Staaten, die regelmäßig mit der Kommission im Wahlbereich mitgearbeitet haben, kann man insbesondere Albanien, Armenien, Aserbaidschan und die Ukraine erwähnen. Die Kommission war unregelmäßiger in zahlreichen anderen Staaten aktiv, wie zum Beispiel in den Schweizer Kantonen.
Seit 2002 ist die Rolle der Venedig-Kommission im Wahlbereich durch die Schaffung des Rates für demokratische Wahlen bestätigt worden.
Außerdem verwirklichen sich ihre Aktivitäten durch Seminare, Bildungswerkstätten und Unterstützungsaufgaben. Um eine Stabilität des Rechts im Wahlbereich anzubieten und so die
Konstruktion des europäischen Wahlerbes zu begünstigen, haben die Venedig-Kommission und der Rat für Demokratische Wahlen Wahlgrundsätze aufgestellt, besonders indem sie ein Verhaltenskodex für Wahlen; ausgearbeitet haben; weitere Referenzdokumente werden diesen Kodex vervollständigen.
Nützlicher Link : Dossier Wahlen und Demokratie des Europarates
Der Rat für demokratische Wahlen setzt sich aus Vertretern der Venedig-Kommission, der Parlamentarischen Versammlung und des Kongresses der Gemeinden und Regionen Europas zusammen. Er hat ebenfalls das Europäische Parlament, die Europäische Kommission, das Büro für demokratische Institutionen und Menschenrechte und die Parlamentarische Versammlung der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) sowie die Vereinigung der mittel- und osteuropäischen Wahlorganisationen (ACEEEO) eingeladen, sich als Beobachter an seinen Arbeiten zu beteiligen.
Unter anderen Aktivitäten arbeitet der Rat für demokratische Wahlen auf Basis der Beobachtungsberichte der Versammlung und des Kongresses Ansichten und Empfehlungen aus, die sich auf die möglichen Verbesserungen an der Wahlgesetzgebung und an der Wahlverwaltung in dem einen oder anderen Staat beziehen.
Diese Berichte sind also ein Beispiel der Zusammenarbeit zwischen der Parlamentarischen Versammlung und dem Kongress als Wahlbeobachterorgane einerseits, und der Venedig-Kommission andererseits, als rechtliche Gutachteninstanz.
Ein erster Bericht ist für Georgien ausgearbeitet worden. (Wahlen in Georgien: Gutachten der Venedig-Kommission zum Verhaltenskodex für Wahlen und zur Wahladministration). Berichte über Armenien und Moldawien sind 2003 angenommen worden.
Die laufenden Arbeiten des Rates für demokratische Wahlen betreffen auch allgemeine Themen wie die Wahlsysteme, die elektronische Wahl und die Auslandswahl, ebenso wie die Erschaffung einer Datenbank, die insbesondere die Wahlgesetzgebung der Mitgliedstaaten des Europarats umfasst.
Die Kommission hat ebenfalls Fragen allgemeinen Charakters im Wahlbereich untersucht; sie organisiert außerdem Bildungsseminare. Schließlich gewährleistet sie vor Ort Unterstützungsaufgaben.
Unter anderen Seminaren hat die Kommission in Sarajevo im April 1998 ein Seminar zu den neuen Tendenzen des Wahlrechts im großen Europa organisiert.
Dieses Seminar hat in einem Staat stattgefunden, wo die Wahlfrage von brennender Aktualität war. Ohne die Vielfalt der nationalen Erfahrungen zu leugnen hat er den Nachdruck sowohl auf die Grundprinzipien des Wahlrechts - die Garantie eines allgemeinen Wahlrechts, gleich, frei, geheim und unmittelbar - als auch auf ihre Umsetzung insbesondere bei der Erfassung der Wähler und in der Bestimmung der Zusammensetzung der Wahlausschüsse gelegt.
Im Rahmen ihrer Arbeiten zur Minderheiten, hat die Kommission ein Dokument über " Wahlrecht und nationale Minderheiten” angenommen. Dieses handelt von der Teilnahme der Minderheiten am öffentlichen Leben, an den Wahlen. Dieser Text hebt hervor, dass wenige Staaten spezifische Regeln zur Vertretung der Minderheiten in den gewählten Organen und besonders in den nationalen Parlamenten vorsehen. Dies impliziert also, dass man sich mit allgemeineren Fragen des Wahlrechts und insbesondere mit Fragen über den Einfluss der Wahlsysteme auf die Vertretung der politischen Fraktionen befassen muss.
Werkstatt für Wahlbildung, die von der Europäischen Kommission für Demokratie durch Recht in Zusammenarbeit mit der albanischen zentralen Wahlkommission in Tirana, 2003, organisiert wurde)
Die behandelten Themen waren folgende:
- die Wahlabteilung
- die Zusammensetzung und die Arbeitsweise der Wahlausschüsse
- Wahltag: die Kandidaten, die Wähler, die Vertreter der politischen Parteien und die Beobachter
- die Stimmenauszählung und die Verkündung der Ergebnisse.
Das Seminar ist durch eine praktische Übung zum Wahlverlauf abgeschlossen worden.
Dieser Workshop ist der Zweite, der von der Venedig-Kommission organisiert wurde (der Erste hat in Armenien im Mai 2003 stattgefunden), und wurde vor den albanischen Lokalwahlen vom 12. Oktober 2003 durchgeführt.
Solche Werkstätten finden in der Vorwahlperiode statt und zielen darauf ab, die Rechtsfragen, die sich bei den Wahlen stellen, konkret zu behandeln. Solche Werkstätten haben ebenfalls in Armenien, in Aserbaidschan und in Georgien stattgefunden.
Andere Wahlaktivität in Entwicklung: die Unterstützungsaufgaben bei verschiedenen nationalen Instanzen. Somit hat die Venedig-Kommission im Mai 2003 den Verfassungsgerichtshof von Armenien im Rahmen der Wahlstreitsache unterstützt, die am Tag nach den Präsidentschaftswahlen vom 19. Februar und 5. Mai 2003 entstanden ist. Anderes Beispiel: die Kommission hat den zentralen Wahlausschuss von Georgien im Rahmen der Parlamentswahlen vom 2. November 2003 sowie bei den vorgezogenen Parlamentswahlen im Januar 2004 unterstützt.
VERHALTENSKODEX FÜR WAHLEN
Die erste Aufgabe des Rates für demokratische Wahlen hat darin bestanden, einen Verhaltenskodex im Wahlbereich anzunehmen. Dieses Dokument enthält die Normen des europäischen Wahlerbes.
Diese Normen sind zuerst die klassischen Verfassungsgrundsätze des Wahlrechts: das allgemeine Wahlrecht, gleich, frei, geheim und unmittelbar sowie die Periodizität der Wahlen.
Das Dokument enthält ebenfalls die Rahmenbedingungen, die für ihre Umsetzung notwendig sind, wie die Wahrung der Grundrechte, die Stabilität des Wahlrechts und die Verfahrensgarantien für die Organisation des Wahlganges durch ein unparteiisches Organ und die Existenz eines Systems für Rückgriffe und wirksame Beobachtung.
Der Rat für demokratische Wahlen und die Venedig-Kommission, sowie die Parlamentarische Versammlung des Europarats und der Kongress der Gemeinden und Regionen Europas haben den Verhaltenskodex für Wahlen angenommen. Der Verhaltenskodex ist ein leitender Text, der die Harmonisierung der Wahlnormen fördern und als Referenz für die Bewertung der Wahlen dienen soll. Er ist sowohl für die Spezialisten der Wahlen (Mitglieder von Wahlausschüssen, Akademiker) als auch für Beobachter, Politiker und im weiteren Sinn, für jeden Wahlbürger bestimmt.
Dokument für Wahlbewertung
Auf Antrag der Parlamentarischen Versammlung hat der Rat für demokratische Wahlen im Jahre 2003 ein Dokument für die Bewertung der Wahlen angenommen, die den Beobachtern erlaubt, eine bessere Gesamtbeurteilung der Wahl zu haben.
Praktischerweise bietet er außerdem Fragebögen an, die für die Beobachter bestimmt sind, um die Bedingungen des Wahlganges nach und nach, ab der Öffnung des Wahlbüros, während des Verlaufs des Wahlganges und schließlich bei der Auszählung der Stimmen zu bewerten.
Leitlinien zur verfassungsmäßigen Volksabstimmung auf nationaler Ebene
Angenommen im Jahre 2001 stellen diese Leitlinien minimale Regeln, die das Funktionieren dieses Instrumentes in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit gewährleisten sollen.
Unter den auserwählten Grundsätzen sind die Einheit der Form, die Einheit der Materie, die Notwendigkeit für Verfassungsrevisionen aufgeführt, sowie die Wahrung des internationalen Rechtes und der satzungsgemäßen Grundsätze des Europarats (Demokratie, Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit).
Um die Wahlfreiheit zu gewährleisten muss die gestellte Frage klar sein und keine Antwort vorschlagen; die Wähler müssen eine objektive Information durch die Übermittlung des Textes und eines erläuternden Berichtes erhalten, die nicht nur den Standpunkt der Behörden, sondern auch der Opposition vorlegen.
Allgemeiner müssen die Grundsätze des europäischen Wahlerbes respektiert werden, insbesondere die Gleichheit im Gebrauch der öffentlichen Werbung, mit Hilfe einer juristischen Kontrolle.
Informationsdokument für Wähler
Das Informationsdokument für Wähler, ebenfalls im Jahre 2003 vom Rat für demokratische Wahlen angenommen, bietet einen allgemeinen Rahmen für die Information an, die die Behörden eines Mitgliedstaates ihren Wählern geben können. Dieses Dokument kann danach an die besondere Lage jedes Staates angepasst werden.